Es gibt Themen, die haben nur bedingt etwas mit Design und Food, meinem Schwerpunkt auf diesem Blog, zu tun, aber trotzdem habe ich Lust, hier über sie zu schreiben. Weil sie Teil meines Lebens sind und eures sicher auch. Also gibt es ab heute eine Erweiterung zu meinem Blog, genannt: Das Leben. Siehe rechts das hübsche pinke Herz. Immer wenn das hier auftaucht, dafür gibt es keinen festen Tag, das Leben ändert sich doch ständig, geht es um dieses Thema. Und heute dreht sich zum Beispiel alles um…
Das Phänomen Partypupser.
Das sind mein Mann und ich: Wir sind Partypupser. So, jetzt ist es raus. Ich wünschte, ich könnte anderes berichten, aber leider ist es so, so unangenehm mir das auch ist. Es läuft immer nach dem selben Schema ab. Wir hören gute Musik, tanzen zum Beispiel Samstags beim Aufräumen der Wohnung ein bisschen durch die Gegend, sagen: “Mensch, wir müssen echt mal wieder tanzen gehen! So richtig bis morgens, mit guter Musik und herrlichen Drinks!”. Bestätigen uns gegenseitig wie cool das doch wäre und wie durch Zauberhand veranstaltet ein paar Wochen später tatsächlich ein Freund eine Party.
Diesen Samstag tat dies zum Beispiel Freund S., der weiß wie man richtig feiert und gute Parties veranstaltet. Er fand sogar eine Location, die nur 500 Meter von unserer Wohnung entfernt ist. 500 Meter. Wir freuten uns seit Wochen auf diese Party. Zu unserer Entschuldigung könnte man jetzt anbringen, dass wir tierisch k.o. von der Wohnungsrenovierung waren, dem Garagenflohmarkt, plötzlich so hoher Schnee lag – aber zählt das als Ausrede?
Der größte Fehler war wahrscheinlich, sich für halb acht eine Massage zu buchen. Obwohl – vor lauter Rückenschmerzen vom Renovieren nicht laufen zu können bzw. sich auf die Tanzfläche legen zu wollen – auch keine gute Idee. Wir kamen also um halb neun irre entspannt von der Massage und dachten, wir machen es wie in alten Partyzeiten und gehen was essen, früher nannte man das: Grundlage schaffen, für den Alkohol. Wir fühlten uns leider danach als hätten wir Schlaftabletten geschluckt. Der perfekte Zustand, um danach auf die Couch zu sinken oder ins Bett zu fallen, aber sich schick zu machen für eine Party?
Die Gäste im Restaurant neben uns bekamen unser Gespräch mit. Unser abwechselndes “Ich kann nicht mehr, was machen wir bloß?”, “Aber wir wollten doch so gern…”, “Warum haben wir nur noch keine Kinder? Dann könnten wir jetzt sagen, der Babysitter hat ein Alkoholproblem, das wir jetzt gerade erst aufgedeckt haben oder eins der Kinder hat sich so versteckt, dass wir es nicht finden können, wasauchimmer…”. Die anderen Gäste fingen an zu lachen und sagten: “Wir dürfen gleich auf die Couch sinken und sind so glücklich darüber!” Und da brach der letzte Widerstand und wir gaben auf, landeten im Bett. Und ich wußte, dass ich am nächsten Morgen mit einem schlechten Gewissen aufwachen würde.
Wir haben oft Zuhause Freunde zu Gast oder sind bei Freunden, schnacken bis früh morgens, essen und trinken zusammen, hängen einfach rum, chillen, wie auch immer man das nennt. Silvester haben wir sogar getanzt. In Restaurants sind wir oft die letzten, weil wir da so gern versacken. Wahrscheinlich liegt das Problem darin, dass aus dem früheren “Grundlagen schaffen” der eigentliche Event für uns wurde: der Genuss am wirklich guten Essen, nicht nur schnell den Döner an der Ecke. Das man langsam eine gute Flasche Wein zu schätzen weiß, ein Dessert statt eines Wodka-O’s? Beziehungsweise 10 Wodka O’s? Ich weiß, das muss sich nicht widersprechen: gern gut essen und gut feiern können. Nur, wie bekommen die anderen das hin? Sind wir mit Anfang/Mitte dreißig zu Langweilern mutiert? Fehlt uns das Gefühl, etwas zu verpassen, wenn wir nicht dabei sind? Legen wir zu viel Wert auf gute Gespräche statt angetrunkenem Smalltalk? Wäre es genau andersherum, wenn wir Kinder hätten oder Singles wären, wären wir dankbar, mal wieder raus zu kommen, die Tanzfläche zu rocken? Ist es die Uhrzeit?
Ich komme mir so alt vor, während ich dies schreibe, aber gleichzeitig ist das auch einfach das Leben, oder? Sätze wie “Boah krass sind wir gestern abgestürzt, ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wie ich nach Hause gekommen bin!”, die sind halt passé. Statt dem Mörderkater finden sich jetzt eben Krümel vom Dessert vom Abend morgens in der Küche. Ein Rest Cheesecake mit Fruchtsoße im Kühlschrank. Das kleine Glück der Partypupser.
Es gibt doch seit kurzem diesen Trend, dass Mitarbeiter statt zum Lunch in die Disco gehen und eine Stunde dort tanzen. Ich finde, das ist eine ausbaufähige Idee für Partypupser. Ich wünsche mir den Tanztee zurück. Beziehungsweise ich war ja noch nie auf einem, werde jetzt aber mal recherchieren, was es da so gibt und wie man es pimpen könnte für den nächsten Geburtstag. Er könnte Sonntags stattfinden, es könnte erst Kaffee und Kuchen geben, viel Rosé-Crémant, nachmittags auch gern Mischgetränke, dann salzige Snacks zu essen, Abendbrot auf die Hand, es dürfte getanzt werden von der ersten Sekunde an (auch gern mit Stulle in der Hand) und um 20 Uhr wäre Schluss. Wir würden dem DJ auf die Schulter klopfen, uns bedanken und dann würden wir sagen: “Boah, haben wir gefeiert! Ich wünschte die Party hätte noch länger gedauert!” und sinken glücklich mit einem Stück Cheesecake auf die Couch, vor den Tatort. Das große Glück des Partypupsers.
Wisst ihr, was ich meine? Oder seid ihr etwa Partytiere?
P.S.: Die hübsche “Bitte kräftig feiern”-Karte/ das Foto ist übrigens von der talentierten SuSe, kann man in ihrem schönen Dawanda-Shop kaufen.